Entstehung und Geschichte
Die erste Eisenbahnstrecke durch Dortmund erbaute 1847 die Coeln-Mindener Eisenbahngesellschaft. Ein Jahr später konnte die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft ihre Strecke von Barmen über Hagen und Witten nach Dortmund eröffnen. Damit war Dortmund zum ersten Eisenbahnknoten im Ruhrgebiet geworden und erhielt für beide Bahngesellschaften gemeinsam seinen ersten Bahnhof, der später "Dortmund Hauptbahnhof" hieß. 1855 konnte die Bergisch-Märkische Eisenbahn noch ihre Strecke nach Soest und 1862 die nach Bochum eröffnen. Damit war der Eisenbahnbau in und um Dortmund zunächst abgeschlossen. Erst nach einer Pause von über zehn Jahren setzte dann in den Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs nach der Reichsgründung 1871 eine außerordentlich rege Bahnbautätigkeit ein. Gleich drei weitere Bahngesellschaften führten ihre Strecken nach und durch Dortmund:
Da die Einführung der Strecken der Rheinischen und der Westfälischen Eisenbahn in den bestehenden Cöln-Mindener und Bergisch-Märkischen Bahnhof nicht möglich war, bauten die Gesellschaften ihre Bahnhöfe südöstlich der Stadtmitte auf freiem Gelände zwischen der Märkischen Straße und der Voßkuhle. Die nördlich gelegenen Bahnanlagen der Westfälischen Eisenbahn waren von den südlich gelegenen der Rheinischen Eisenbahn, von drei Gleisübergängen abgesehen, scharf getrennt.
Nur wenige Monate nach Inbetriebnahme ihrer letzten, aber auch kühnsten und teuersten Bahnstrecke Düsseldorf - Hagen Rh.Bf. Löttringhausen - Dortmund wurde die Rheinische Eisenbahngesellschaft am 1.1.1889 verstaatlicht. Da die Westfälische Bahn von Anfang an staatseigen war, gingen mit Verstaatlichung der Rheinischen Bahn alle Bahnanlagen in Dortmund Süd in das Eigentum des preußischen Staates über. Verwaltung und Betrieb übernahm zunächst die Königliche Eisenbahndirektion zu Köln (rechtsrheinisch), ab 1895 im Zuge der Neugliederung der Direktionen die zu Essen. Aus den beiden bis Dorstfeld parallel verlaufenden eingleisigen Strecken der Rheinischen und Westfälischen Bahn entstand eine zweigleisige. Der Streckenabschnitt Bodelschwingh - Pöppinghausen - Herne der Westfälischen Bahn wurde am 1.7.1882, also kaum vier Jahre nach seiner Eröffnung schon wieder stillgelegt und abgebaut. Die Anlagen der ehemaligen Rheinischen Eisenbahn wurden mit denen der Dortmund-Gronau-Enscheder Eisenbahn verknüpft. Die am 15.12.1880 eröffnete Verbindungsstrecke führte in einem weiten Bogen unter der Westfälischen Eisenbahn hindurch um den 1876 angelegten Ostfriedhof herum. In den folgenden Jahren stiegen die Verkehrsleistungen besonders im Güterverkehr so erheblich an, daß schon vor der Jahrhundertwende die Bahnalagen erweitert werden mußten. Ein durch Zufall erhalten gebliebener Bild-Fahrplan, gültig ab 1. Oktober 1916, verzeichnet auf der Strecke nach Welver über 30 Güterzug-Fahrplantrassen. Wenn auch nicht alle jeden Tag belegt waren, so ergibt das doch eine Vorstellung von dem lebhaften Bahnbetrieb Tag und Nacht. Bei vielen Zügen waren die Lokomotiven zu wechseln. Aber auch der Personenverkehr war bemerkenswert. So gab es in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg bereits ein D-Zug-Paar Oberhausen - Eger über Dortmund Süd mit Schlafwagen (D 189/190). Fahrzeit Dortmund - Soest: 41 Minuten. (Ein Interregio 1997 ist keine Minute schneller, die Regionalbahn über Unna sogar fünf Minuten langsamer). In den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg liefen über Dortmund Süd neben einfachen Personen- und Ruhrschnellzügen noch zwei Eil- und vier hochwertige D-Züge nach Kassel, Leipzig, Dresden und Berlin. (Fahrzeit Dortmund Süd - Soest: 35 Minuten!)
In den Kriegsjahren 1939-45 galt auch für Dortmund Süd die Parole: "Erst siegen - dann reisen". Der normale Personenverkehr wurde stark eingeschränkt. Die Sonderverkehre dagegen nahmen zu. Besonders nach den Großangriffen im Mai 1944 waren viele Züge im Rahmen der sogenannten "Kinderlandverschickung" abzufertigen. Ein besonders trauriges Kapitel in der Geschichte von Dortmund Süd ist die Deportation von Juden in die Vernichtungslager. Eine Gedenktafel an der Nordseite des Wasserturm-Hochhauses erinnert an das Leiden dieser unfreiwilligen Reisenden. |
Im Bombenhagel
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Das Bahnbetriebswerk
Dortmund Süd war nicht nur ein wichtiger Personen- und Güterbahnhof, sondern neben Dortmund Vbf (Rbf), Bbf und Dortmunderfeld auch eines der vier Bahnbetriebswerke der DR, die es über Jahrzehnte in dieser Stadt gab.
Ein Bahnbetriebswerk (Bw) ist eine Dienststelle, die für Wartung, Pflege und Unterhaltung der ihr zugeteilten Triebfahrzeuge verantwortlich ist und sie auf den Betriebseinsatz vorzubereiten hat. Zu einem Bw gehören deshalb üblicherweise umfangreiche Gleisanlagen, Schuppen, Drehscheibe, Ausschlackungsgrube, Bekohlungs- und Tankanlagen, Wasserturm, Werkstättengebäude, Sozial- und Übernachtungsräume usw. Schon die Rheinische wie auch die Westfälische Eisenbahn hatten bei der Anlage ihrer Bahnhöfe je ein Bahnbetriebswerk errichtet. Das Rheinische lag südlich der Gleisanlagen auf dem Gelände zwischen Märkische Straße, Löwenstraße, Heiliger Weg und Hansemann-Straße (heute Ernst-Mehlich Straße) und hatte einen Rundschuppen mit zehn Lokomotivständen. Das Westfälische Bw lag nördlich der Gleisanlagen, östlich des Heiligen Weg und besaß einen Rundschuppen mit acht Ständen. Nach Verstaatlichung der Rheinischen Bahn wurden beide Anlagen organisatorisch zu dem Bw Dortmund Süd vereinigt. Schon 1890 wurde es mit steigendem Verkehrsaufkommen notwendig, die Anlagen auszudehnen. Der Lokomotivschuppen der ehemaligen Westfälischen Bahn wurde um acht Stände vergrößert. Bis etwa 1910 wurde ein dritter Rundschuppen mit Drehscheibe gebaut und die Behandlungsanlage so erweitert, daß insgesamt 34 Abstell- und Reparaturplätze zur Verfügung standen, was auf einen Gesamtbestand von etwa 60 beheimateten Lokomotiven schließen läßt. 1927 entstand das eindrucksvollste und größte Bauwerk des Bw Dortmund Süd: der 43 m hohe Wasserturm am Heiligen Weg. Im oberen Drittel befinden sich zwei Bassins für das Kesselspeisewasser, die acht Geschosse darunter enhielten Sozial-, Übernachtungs- und Betriebsräume. Es erscheint fast als ein Wunder, daß dieses Bauwerk am im Krieg nur verhältnismäßig leicht beschädigt wurde.
Bis 1950 stieg die Zahl einsatzfähiger Lokomotiven im Heimat-Bw Dortmund Süd noch etwa auf 35 an. Doch dann wurden es von Jahr zu Jahr weniger. 1953 wurde Bw Dortmund Süd Außenstelle des Bw Dortmunderfeld, und nach Auflösung auch dieser Diesntstelle 1960 wurde der restliche Werkstattbetrieb gänzlich eingestellt.
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Der langsame Niedergang in der Nachkriegszeit
Aufgrund der Kriegszerstörungen, des stark zunehmenden Individualverkehrs und auch der Verlagerung der innerdeutschen Verkehrsströme von der Ost-West- auf die Nord-Süd-Richtung verlor der Personenverkehr des Bahnhofs Dortmund Süd langsam aber ständig an Bedeutung. In der Vorkriegszeit gab es allein auf der Strecke Dortmund Süd - Welver - Soest neben 25 Eil-, Ruhrschnell- und einfachen Personenzügen noch vier hochwertige D-Züge von und nach Dresden, Leipzig und Soest mit Kurswagen nach Berlin. Doch schon im Sommer 1950 ist das Verkehrsangebot Richtung Soest stark eingeschränkt. Neben zehn Personenzügen mit den Zielbahnhöfen Soest, Lippstadt, Paderborn, Höxter und Kreiensen und drei Eilzügen nach Soest, Kreiensen und Fulda, gibt es nur noch ein D-Zug-Paar : D 197/198 von und nach Kassel (Leipzig). Ab Beginn des Sommer-Fahrplans 1956 durchfährt kein D-Zug mehr Dortmund Süd. Zwei Jahre später wird der Streckenabschnitt Dortmund Süd - Brünninghausen stillgelegt, die Züge nach Herdecke und weiter nach Hagen und Ennepetal-Altenvoerde verkehren ab 1.6.1958 vom Hauptbahnhof über die neugebaute Kurve Westfalenhalle-Tierpark. Für den Südbahnhof verbleiben nur noch einige Triebwagenzüge auf dem Abschnitt Dortmund - Dorstfeld - Welver der Kursbuchstrecke 232 (Essen - Altenbeken). Zum Ende des Fahrplanabschnitts Winter 1962/63 wird auch dieser Restbetrieb eingestellt. Ab Sommer 1963 verzeichnet kein Kursbuch mehr die Station "Dortmund Süd".
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Von einer bedeutungslos gewordenen Strecke zur S-Bahn
Doch damit ist die Geschichte der Bahnlinie Dorstfeld - Welver über den Südbahnhof noch lange nicht zu Ende. Als 1962 die Einstellung des Verkehrs und die Stillegung der Strecke von Dortmund Süd nach Welver schon absehbar war, machten einige weitsichtige Eisenbahner, allen voran der stellvertretende Dienststellenleiter des Bahnhofs Dortmund Süd, Bundesbahn-Inspektor Hans Müller, einen bemerkenswerten Vorschlag zur Verbesseung des Verkehrs im Dortmunder Osten und zum langfristigen Erhalt der Strecke bis Unna-Königsborn. Der Plan sah u.a. vor, zusätzliche Haltepunkte an verkehrsgünstigen Stellen einzurichten und auf dieser Strecke erstmals im Ruhrgebiet einen Städteschnellverkehr mit Taktverkehr einzuführen.
Trotz erheblicher Bedenken und Vorbehalte hat die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn in Frankfurt zur Überraschung vieler Skeptiker diesen Plan aufgegriffen und schrittweise verwirklichen lassen. Westlich des alten Südbahnhofs zwischen Märkischer Straße und Ruhrallee entstand zunächst in einfacher Bauweise der Haltepunkt "Stadthaus", auf dem östlichen Abschnitt bis Unna-Königsborn wurden die Haltepunkte "Körne", "Knappschaftskrankenhaus" und "Massen" zusätzlich zu den bestehenden Bahnhöfen eingerichtet. Auf der so entstandenen S-Bahn-Vorlaufstrecke von Dortmund-Dorstfeld - Unna fuhren Triebwagenzüge zunächst im 30 Minuten Takt. Diese neue Vekehrsverbindung wurde überraschend stark in Anspruch genommen. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen. Schon ein Jahr später mußte der 20 Minuten Takt eingeführt werden. Die eingesetzten Elektro-Triebwagen der Baureihe ETA 150 mit Beiwagen erfreuten sich wegen ihrer Bequemlichkeit und Laufruhe großer Beliebtheit und waren meist gut besetzt. Ihre Akkumulatoren wurden in Dorstfeld geladen.
Ein großer Tag in der Geschichte der Westfälischen Eisenbahn Dortmund - Unna war die Aufnahme des elektrischen Betriebes und die Übernahme der Linie als S 4 in das Netz des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr am 2.Juni 1984. |
Die Stellwerke
Zu Eisenbahnalagen gehören auch Stellwerke. In ihnen werden - wie es der Name sagt - Weichen, Signale und Gleissperren gestellt und damit die Sicherheit der Fahrwege geschaffen. Im Bereich des Südbahnhofs gab es bis 1975 vier Stellwerke. Das wichtigste war das Fahrdienstleiter-Stellwerk Dsf (Dortmund Süd Fahrdienstleiter). Es lag am Ostende der früheren rheinischen Bahnsteige. Außerdem finden sich in alten Plänen noch die Stellwerke Dsw (West), Dso (Ost) und Dsn (Nord). Dsw lag am Westende der Bahnsteige, fast an der Märkischen Straße, Dso an der Strecke nach Herdecke nicht weit vor der Bogenbrücke über die Deggingstraße. Das weithin sichtbare und auffällige Stellwerk Dsn ragte hoch über die Gleise unmittelbar neben der Gewölbebrücke zwischen Voßkuhle und von-der-Goltz Staße.
Weitere Bilder vom Dortmunder Südbahnhof finden Sie im Eisenbahn-Bildarchiv (Bitte hier anklicklen).
Eduard Erdmann, Dortmund den 16.04.2001 |
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