RAILHOO-Report

Dampfschneeschleudern

Schneeschleudern sind Ende des 19. Jahrhunderts für den Eisenbahnbetrieb entwickelt worden, um wichtige Strecken auch bei klimatisch schwierigen Bedingungen von Schneeverwehungen und Lawinen frei zu halten. Neben vielen Versuchen hat sich nur das Prinzip von Leslie (Patent im Aril 1884) durchsetzen können. Das Schleuderrad besteht aus zehn sektoriell angeordneten vorne offenen Blechtrichtern. An ihren Vorderkanten sind Schürfleisten angebracht, die das Fördergut abfräsen und fließfähig zerkleinern. Die über Lenkhebel verbundenen Messerleisten schlagen bei Drehrichtungswechsel des Schleuderrades (Änderung der Auswurfseite) von selbst in die neue Arbeitsstellung um. Das Schleuderrad selbst hat einen Durchmesser von ca. 3 m und läuft mit bis zu 150 U/min. Der Antrieb erfolgt über Dampfzylinder und ein Kegelradgetriebe auf die Schleuderradwelle. Die Fahrzeuge hatten einen eigenen Dampfkessel für den Schleuderradantrieb und mußten von einer oder mehreren Schublokomotiven gegen die Schneemassen gedrückt werden. Einzig die beiden Bernina-Schneeschleudern Xrotd 6/6 9213 und 9214 verfügen mit ihren 2 dreiachsigen Antriebsdrehgestellen der Bauart Meyer über einen Eigenantrieb (gebaut wurden sie von SLM Winterthur 1910-1913). Für Kontinentaleuropa wurden die Leslie Patente von Lucht, Hamburg wahrgenommen, die Fertigung erfolgte bei Henschel in Kassel.

Ende der zwanziger Jahre waren erst 16 Normalspurige Dampfschneeschleudern von Henschel gebaut worden. Danach erfolgte die Überarbeitung der Konstruktion, es wurde eine schnellaufende Vierzylinder-Dampfmaschine eingebaut die über Stirnräder direkt auf die Schleuderwelle antrieb. Die größte Serie mit 25 Stück wurde 1941 von der Deutschen Reichsbahn in Auftrag gegeben. Nach dem WK2 verbleiben eine Schleuder bei den SNCF (998683 Chambéry), DB 10 Stück, DR 6 Stück und ÖBB 8 Stück. Ihr Einsatz erfolgte bis Ende der siebziger (DB) bzw. in die 80 er Jahre des 20 Jahrhunderts (DR und ÖBB). Von dieser Bauart sind mehrer Exemplare museal erhalten geblieben, so die Wuppertal 6410 im DGEG Eisenbahn-Museum Neustadt-Weinstraße, die ehemalige Saalfelder Schneeschleuder mit dem 3-achsigen Tender im Deutsches Dampflokomotiv Museum, Neuenmarkt-Wirsberg, die ÖBB 986 101 ( DRG 706 010) im Deutsches Technikmuseum Berlin in Berlin, sowie weitere in Güstrow und Staßfurt.

Im Eisenbahnmuseum in Muhlhouse (Musée français du chemin de fer) (F) ist eine original Leslie (ALCO 1909), die die PO (Paris-Orleans) 1887 gekauft haben und unter der Nummer Ua 991 825 zuletzt bei den SNCF im Dienst stand. Im Verkehrshaus der Schweiz ist die Xrot 100, die Henschel "Rotary" von 1896 ausgestellt die bis 1975 am Gotthard-Paß im Einsatz war. Heute läßt sich die Faszination Dampfschneeschleuder noch bei der Rhätischen Bahn mit der Xrot 9213 am Bernina-Paß erleben.

In den USA finden sich noch 2 Dampfschneeschleudern bei der Cumbres & Toltec Scenic Railroad, die zwischen Antonito, Colorado und Chama, New Mexico verkehrt. Anfang Mai/Juni wird mit Hilfe der Schneeschleudern die Strecke wieder für den Verkehr geräumt. Es kommen bis zu 3 Dampflokomotiven als Schublok zum Einsatz. Im Internet ist die Homepage unter http://www.cumbrestoltec.com/ zu finden. Der betreibende Verein hat unter http://www.cumbrestoltec.org/ sehr umfangreiche Informationen mit Fahrterminen und Fotogalerien zusammengestellt. In Skagway, Alaska soll eine weitere Schmalspurdampfschneeschleuder bei der White Pass & Yukon Route existieren.

Das Leslie Prinzip des Schleuderrades wurde in den fünfziger Jahren mit einem dieselkydraulischen Antrieb versehen und in 4 Exemplaren nach Norwegen, Rumänien und Schweden geliefert. Heute hat sich im Eisenbahnbetrieb das Beilhack-Hohlschleuderschaufelwerk durchgesetzt.

Die Seite http://www.ozdoba.net/rhb/xrot2_d.html, widmet sich nur der Schneeschleuder Xrot d 9213 mit technischen Daten und Bildern.
Wer sich für die moderneren Schneeschleudern mit Schleuderrad nach dem Leslie-Prinzip interessiert wird seine Blicke auf folgende Seite lenken http://mercurio.iet.unipi.it/lamure/deutsch/mathist.html. Das Fahrzeug ist Baujahr 1992.
Falls man eine Feldbahnschneeschleuder sucht klicke man folgende Site an: http://home.t-online.de/home/0407548228-0001/500-mm.htm.
Auf einem Bild von 1966 Bild ist Kasselaner Schneeschleuder zu erkennen http://members.tripod.de/steamy/kassel_1/bw.htm

A. Fuchs, Hinterdenkental, 15.01.2000

Literaturhinweise und Fotos:

- Märklin Neuheitenheft 1998 -> 1 Foto im Bauzustand
- Eisenbahnmagazin 2/1993 (31. Jg) S. 36 - 44 "Historische Schneeschleudern"
- Eisenbahn-Kurier 2/1992 S. 96 - 100 "Schneepflüge und - schleudern"
- Eisenbahn-Kurier Spezial 11 (III/1988) 1 Foto Seite 10 unten
- MIBA Report - Dienstfahrzeuge 1, Seiten 40 - 45 "Vom Revisions- zum Staubsaugerwagen", Seiten 60 - 65 "Wir machen den Weg frei"
- MIBA 1/98 - Seiten 44 - 50 "Wir machen den Weg frei"
- Das Eisenbahnausbesserungswerk Offenburg (1984) S. 139 - 151 "Schneeräumfahrzeuge"
- Modelleisenbahner Modellbahnschule 1 S. 1,S. 12/13, S. 18/19 (Modellschneeschleudern)
- Modelleisenbahner 2/2000
- Rauch, Dampf und Pulverschnee, Die Dampfschneeschleudern der Schweizer Bahnen, Alfred Leuenberger, Orell & Füssli, Zürich 1967
- Henschel Lokomotivtaschenbuch Ausgabe 1960, Henschel Werke GmbH, Kassel Vertrieb VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf (Dampf- und Dieselschleudern)
- Die Schwarzwaldbahn und das Bahnbetriebswerk Villingen, Hans Wolfgang Scharf, EK-Verlag Freiburg im Breisgau 1980 ISBN 3-88255-773-7
- Eisenbahn-Kurier Spezial 39, Vor 25 Jahren, Die DB 1970, Seite 74-75, Aus dem Lokführertagebauch, - Gerhard Moll beschreibt den Einsatz der Wuppertal Schneeschleuder im Bahnhof Erndtebrück
- Eisenbahnjournal C. Asmus und J. Stockklausner,"100 Jahre Arlbergbahn", Seiten 89 ff.
- Eisenbahn Journal, Albert Ditterich, "125 Jahre Brennerbahn" Special 3/93, Seiten 8 und 17 ff.
- Peter Konzelmann, Die Baureihe 44, Eisenbahn-Kurier Verlag GmbH 1981, ISBN 3-88255-144-5, Bild 202

Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!! Wissen sie weitere Quellen über Schneeschleuderfotos? Dann bitte eine email an Railhoo!

Technische Daten der Henschel-Schneeschleudern Baujahre 1941 - 1944

1.) Hauptabmessungen:

Spurweite1435 mm
Raddurchmesser850 mm
Gesamtradstand6550 mm
Schleuderraddurchmesser2900 mm
Größte Höhe4250 mm
Größte Breite3130 mm
Leergewicht60,9 t
Dienstgewicht66,12 t
Gesamtradstand von Schneeschleuder und Tender16870 mm

2.) Dampfkessel:

Naßdampf-Lokomotivkessel normaler Bauart mit einer Feuerbüchse aus IZ II Stahl
Betriebsdruck13 atü
Durchmesser der Heizrohre44,5 x 2,5 mm
Abstand der Rohrwände3700 mm
Rostfläche2,5 qm
Heizfläche der Feuerbüchse10,68 qm
Heizfläche in den Rohren113,32 qm
Verdampfungsheizfläche des Kessels fb.124 qm

3.) Dampfmaschine:

stehende umsteuerbare Vierzylinder-Dampfmaschine für einfache Dampfdehnung Bauart Schichau mit Marshall Steuerung
4 Zylinder von Durchmesser280 mm
Kolbenhub280 mm
Umlaufzahl500 - 550 U/min
Gewicht des gesamten Aggregates einschl. Zahnradvorgelege und Schleuderradwelle10730 kg
Leistung ca.700 PS
Übersetzung zwischen Dampfmaschine und Schleuderradwelle:1:3,3

4.) Tender:

normaler Lokomotivtender der Bauart 2'2'T26 der Baureihe 50 mit zusätzlichen Abdeckklappen zum Schutz der Kohle vor Nässe.
Wasser26 cbm
Kohle8 t
Raddurchmesser1000 mm
Gesamtradstand5700 mm
Leergewicht26,27 t
Dienstgewicht60,27 t


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