RAILHOO-Report

Nord China im Frühjahr 2002

Peking liegt nicht auf Majorca

Inhaltsverzeichniss

Vorbemerkung
Reiseteilnehmer : Volker Böhm, Michael Weber, Roland Erdmann
Datum :    21.04.2002 bis 06.05.2002

Sonntag 21.04.2002
Unspektakulär begann die Reise mit dem Austria-Airline-Flug OS158 Düsseldorf – Wien und weiter mit OS 063 Wien – Peking.

Montag 22.04.2002
Nach der Ankunft unserer Maschine um 11:05 in Peking ging es an die üblichen Formalitäten (Einreiseformular, Passkontrolle, Geld wechseln, Bus zum Bahnhof, Kursbuch kaufen, erste chinesische Nahrung) Mit Zug K265 ging es dann um 14:10 weiter Richtung Norden.

Dienstag 23.04.2002
Nach 1500 Bahnkilometern erreichen wir Yabuli pünktlich um 9:09. Mit dem Taxi ließen wir uns nach Weihe bringen und quartieren uns im hiesigen Hotel ein. Bei einsetzendem Nieselregen begannen wir mit der Erkundung der Waldbahnanlagen. Im Schuppen standen 4 kalte C2-Maschinen, an denen teilweise gearbeitet wurde. Im Güterbahnhof stand eine weitere C2 unter Dampf, bewegte sich aber keinen Meter.
Als am Abend der zurückkehrende Personenzug nur aus einem Triebwagen (oder richtiger einer besseren Motordraisine) bestand, entschlossen wir uns zur sofortigen Abreise.
Mit Zug 2018 verließen wir um 22:23 Weihe. Beim Nachlösen von Schlafwagenplätzen bekamen wir zwar nur getrennte Liegeplätze, was aber allemal besser ist, als eine Nacht lang zu sitzen.

Mittwoch 24.04.2002
Pünktlich um 7:10 erreichte unser Zug Siping. Die Zeit bis zur Abfahrt unseres Anschlusszuges 4268/69, Siping ab12:56, Tongliao an 16:05, nutzten wir um Fahrkarten zu kaufen, zum Frühstücken, einem Markt- und Kaufhaus-Bummel und natürlich zum Mittagessen. Bemerkenswert war ein plötzlich einsetzendes heftiges Schneetreiben, was allerdings kurz nach verlassen von Siping einem strahlenden Sonnenschein wich.
Die übergangszeit in Tongliao reichte gerade aus um in Ruhe die Fahrkarten kaufen zu können, und schon ging es weiter mit Zug 1458/1455 Tongliao ab 17:35, Shifeng an 21:58
In Chifeng kamen wir nach einigen Versuchen bei überteuerten Hotels schließlich für 114 Yuan für ein Dreibettzimmer unter.

Donnerstag 25.04.2002
Mit einem Taxi fuhren wir ins gut 30 km östlich gelegene Yuanbaoshan, wo wir um kurz vor 7:00 ankamen. Nach einigen Aufnahmen im hiesigen Depot, welches die fünf im Einsatz befindlichen JS dieser Bahn beheimatet, wollten wir eigentlich mit dem Personenzug nach Anqinggou fahren, fanden uns aber plötzlich im Führerstand der Zuglok wieder. Hier genossen wir die lockere und herzliche Atmosphäre der Lokmannschaft. In Anqinggou hatten wir nur wenig Zeit, da die Lok mit uns LZ zurück fuhr. Die Staatsbahnstrecke Chifeng – Tongliao konnten wir zwar sehen, allerdings erschien es uns, als ob es keine Gleisverbindung geben würde. Falls es doch eine geben sollte, so liegt diese in Richtung Chifeng und wird betrieblich nicht genutzt. Die übergaben an die Staatsbahn erfolgen am anderen Ende der Strecke im ca. 9 Km süd-westlich von Yuanbaoshan gelegenem „Staatsbahnbahnhof Yuanbaoshan“.
Nach unserer Rückkunft in Yuanbaoshan (Stadt) besichtigten wir die Bahnanlagen ausgiebig, bevor wir die nördlich gelegenen Zechen bzw. Zementwerk sowie die dorthin führende Rampe erkundeten. Leider jedoch ohne nennenswerten Zugverkehr zu beobachten.
Obwohl Busse nach Chifeng fuhren entschieden wir uns bei der Rückfahrt für die bequeme Taxifahrt (zu dritt sind die 50 Yuan durchaus vertretbar).

Freitag 26.04.2002
Erneut fuhren wir mit dem Taxi nach Yuanbaoshan. Nach ein paar Bildern am Bahnhof suchten wir uns erneut ein Taxi um den Personenzug nach Anqinggou zu verfolgen. Unsere erste Taxifahrerin aus Chifeng war offensichtlich sehbehindert, und hatte einen völlig ungeeigneten Fahrstil an den Tag gelegt.
Der lokale Taxifahrer erwies sich als Glücksgriff; er erkannte sofort was wir wollten und spielte problemlos mit. Im Verlauf des weiteren Vormittages versuchten wir erneut unser Glück an der Rampe zu den nördlichen Zechen, was aber auch diesmal erfolglos blieb. Als das Licht hier endgültig zu steil stand, fuhren wir mit dem Bus nach Pingzhuang um die dortige Zechenbahn zu erkunden.
Nach dem wir Bilder von der Bahn gezeigt hatten, gab uns der hiesige Taxifahrer zu verstehen, dass er wüsste, wo wir hin wollten und fuhr zielstrebig drauf los. Allerdings endete die Fahrt bei einem Verwaltungsgebäude. Hier wurde nun groß beratschlagt und auf einmal wusste keiner mehr irgendwas. Wir wurden wieder zurück zum Busbahnhof gebracht.
Nachdem ich meine mittelschwere Verärgerung abreagiert hatte, studierten wir noch mal alle vorliegenden Berichte und Karten. Den nächsten Taxifahrer ließen wir nun nicht mehr zur Eisenbahn bzw. Zeche fahren sondern zur örtlichen Brauerei (Bierfabrik, Pi-jiu gung-tschang). Zielstrebig fuhr unser Taxi genau den gleichen Weg wie beim ersten Versuch, nur diesmal 300m weiter bis ans gewünschte Ziel. Spätestens jetzt war klar, dass der erste Taxifahrer uns nicht zu unserem Ziel bringen durfte! Wir wissen zwar nicht warum und wer was gegen unseren Besuch hatte, aber wir wussten das wir ihn ausgetrickst hatten, was uns eine innere Genugtuung war.
Auf dem Gelände rings um die neben der Brauerei befindliche Kohlenwäsche hatten wir dann keinerlei Probleme uns umzuschauen. Inzwischen war es später Nachmittag, was die Lichtverhältnisse zwar deutlich verbesserte aber die Zeit knapp werden ließ. Nach einem kurzen Blick in Tagebau-Grube beschlossen wir am nächsten Tag noch einmal vorbei zu schauen. Der Versuch mit dem Bus zurück nach Chifeng zu fahren scheiterte daran, dass wir um 18:20 den Busbahnhof bereits geschlossen vorfanden. Für erträgliche 100Yuan charterten wir nun ein Taxi was uns zurück zu unserem Hotel in Chifeng brachte.

Samstag 27.04.2002
Aus Bequemlichkeit charterten wir gleich ein Taxi nach Pingzhuang. Leider ist auf unserer am Vortage erstandenen Landkarte die Beschriftung nicht ganz in Ordnung, und so werden wir zu erst nach Yuanbaoshan gebracht. Als das Landkartenproblem gelöst war, ging es auf Grund der nun vorhandenen Ortskenntnis problemlos bis zur Grube nach Pingzhuang.
Wir hatten uns entschieden einmal um die Tagebaugrube herum zu laufen. Recht bald stellt sich heraus, das eine schwere Zugentgleisung auf einem der Hauptgleise in der Grube Grund für den im Verhältnis zum Vortage geringeren Zugverkehr war. Bis zu drei Dampfkräne mühten sich um die entgleisten Wagen, während wir die Grube umrundeten. Der eindrucksvolle Blick in die eigentliche Grube, lässt die Dampf- und Elektrolokomotiven wie auf der Modelleisenbahn erscheinen.
Am süd-östlichen Rand der Tagebau-Grube gibt es paradoxer weise noch ein Untertage Zeche mit den für China typischen schrägen Stollen. Ein weiter, abseits gelegener, senkrechter Versorgungsschacht mit Fördertürmchen runden dann 200 Jahre Bergbautechnik ab. Der beeindruckernste Blick bietet sich von dem süd-westlich gelegenen Berg, der neben einem Blick in die Kohlegrube einen Kilometerweiten Blick über das umliegende Land und die Stadt Pingzhuang bietet. Von hier aus kann man auch die Streckenverläufe außerhalb der Grube gut verfolgen. Übrigens hat die Zechenbahn am westlichen Ende definitiv keinen Anschluss an die Staatsbahn, wie einige Skizzen und auch der Quail-Atlas vermuten lassen.
Erst mit untergehender Sonne beenden wir unseren Rundgang und fahren, nun direkt mit dem Taxi wieder in unser Hotel nach Chifeng.

Sonntag 28.04.2002
Mit dem Bus wollten wir „mal eben“ zum JingPeng - Pass fahren. Nach der Abfahrt aus dem Busbahnhof um 10:40 kurvte unser Bus dann erst mal zwei Stunden durch Chifeng hin und her um nach einem nicht nachvollziehbaren System doch noch seine übliche 120%ige Auslastung an Fahrgästen und Gepäck zu erreichen. Nach etwa einen drittel des Weges verreckte das Gefährt dann. Nach einer weiteren Stunde nahm uns ein anderer Bus auf, der kurz darauf aber erst mal seine normale „Halbzeit“-Pause einlegte. Da die Straße neu gebaut wurde, fuhren wir zu einem Großteil über die Baustellenstraße, was die Fahrt weder angenehmer noch kürzer werden ließ. Nach der doppelten Fahrzeit erreichten wir gegen 19:00 endlich Reshui. Den verlorene halbe Tag am Pass konnten wir aber verwinden, da das Wetter inzwischen richtig widerlich geworden war.
Das Einquartieren im „Eisenbahn-Hotel“ gab keine Schwierigkeiten. Auch die bekannten Maffiosis bekamen wir während aller vier Tage am Pass nicht zu sehen.

Montag 29.04.2002
Unerwarteter Weise klärte das Wetter in den frühen Morgenstunden deutlich auf und wir machten uns auf, die Nordrampe zu erklimmen. Eine ungewöhnliche Zugdichte (5 bergwärts fahrende Züge im Stundentakt) gaben uns ausreichend Gelegenheit diese Seite des Passes abzulichten. Am Nachmittag war dann außer einem Zug aus Richtung Süden gar nichts los. Erst kurz vor Sonnenuntergang kam pünktlich zum besten Glint-Licht noch ein Zug den Pass hinauf.

Dienstag 30.04.2002
Heute Stand nun die südlich-östlich Rampe auf dem Programm. Kurz entschlossen charterten wir unser Taxi gleich für den ganzen Tag was sich bei der geringen Zugdichte der nächsten beiden Tage als richtige Entscheidung erwies, da man so auf dieser Seite des Passes jeden Zug zweimal erwischen konnte.

Mittwoch 01.05.2002
Das gleiche Programm wie am Vortag, nur dass wir bereits um 5:00 anfingen und zur Mittagszeit, während der zu steil stehenden Sonne, eine längere Mittagspause in unserem Hotel einlegten.

Donnerstag 02.05.2002
Das geplante Vormittagsprogramm ließen wir auf Grund des schlechten Wetters fallen, frühstückten ausgiebig und fuhren zurück nach Chifeng. Hier mussten wir noch einmal übernachten, da der Zug nach Chengde erst am nächsten Morgen fuhr (auch ein Bus war nicht mehr aufzutreiben). Den restlichen Nachmittag nutzen wir zu einem Stadt- und Einkaufs- Bummel durch Chifeng.

Freitag 03.05.2002
Pünktlich um 6:00 fuhr unser Zug 6030 nach Chengde (Ankunft 12:47). Hier mussten wir einige Hotels abklappern um von dem erstgenannten Preis von 600Yuan auf erträgliche (nicht zufrieden stellende) 300 Yuan zu kommen.
Auf den einzigen bergwärts fahrenden Zug der Stahlwerksbahn bei Tageslicht mussten wir fast zwei Stunden warten. Nach dem wir diesen im Getümmel in der Stadtmitte von Chengde abgelichtet hatten fuhren wir unverzüglich mit dem Taxi zum bekannten “Lokodrom-Einschnitt“ vor den beiden Tunneln. Entgegen allen früheren Erfahrungen kam der Zug fast zeitgleich mit uns an, so dass wir kein brauchbares Bild mehr zu Stande brachten. Zu unserem Glück blieb der Zug allerdings in den beiden Tunneln liegen, ließ sich zurück rollen und startete einen zweiten Versuch. Da man sich aber nur gut 100m hinter den ersten Tunnel hatte  zurückrollen lassen, war auch dieser zweite Versuch zum Scheitern verurteilt. Erst der dritte Versuch bracht die drei Maschinen dann über den Berg. So kann auch nur ein einziger Zug einen Nachmittag in Chengde zum Erfolg werden lassen.

Samstag 04.05.2002
Da die Werkbahn erst ab Mittag richt im Licht liegt verbummelten wir den Vormittag in der Stadt um dann einen „normalen“ Nachmittag bei den beiden Tunneln zu erleben.

Sonntag 05.05.2002
Mit dem Bus wollten wir nach Jingshanling fahren um uns dort die Chinesische Mauer anzuschauen. Offensichtlich wollten uns die Schnellbusse nach Peking aber nicht mitnehmen. Wir vermuten das man an uns nicht genug verdienen konnte, da wir ja nur die halbe Strecke mitfuhren (und bezahlen), unsere Plätze aber auf dem zweiten Teilstück nicht weiter zu vermarkten waren. Erst nach dem wir im Busbahnhof ein offizielles Tickes gekauft hatten, konnte sich der Busfahrer dem nun auch wachsendem Druck der Uniformierten nicht mehr widersetzen und musste uns mitnehmen.
Deutlich geringer als befürchtet schlug dann in Jingshanling der Touristennepp zu. Mit unseren Preiskenntnissen und Verhandlungserfahrungen konnten wir denn auch die Preise (Essen, Taxi, Souvenirs) im moderaten Rahmen halten. Besondere Erwähnung verdient noch unser ‚Taxi’: den Weg von der Hauptstrasse bis zur eigentlichen Mauer legten wir auf der Pritsche eines Dreirades chinesischer Bauart zurück – unbequem, aber auch unvergesslich.
Bei meiner vierten Reise nach China sah ich nun die Mauer zum ersten Mal vom Boden aus. Ich musste gestehen, dass dieses Erlebnis doch eindrucksvoller war, als ich mir das auf Grund der Bilder aus der üblichen Reisepropaganda vorgestellt hatte.
Gegen 16:00 machten wir uns wieder auf den Weg nach Peking. Zwar fuhren viele Busse nach Peking allerdings besteht das Problem darin, einen anzuhalten, der „nur“ zu 115% ausgelastet war um uns noch mitnehmen zu können. Nach einiger Zeit hielt dann aber doch noch ein Bus an. Besonders die Fahrkünste unseres Busfahrers während der Rushhour in den Vororten von Peking erntete unsere Anerkennung und bisweilen auch unseren Angstschweiß.
Nach dem Gekurve durch Peking hatten wir etwas die Orientierung verloren, kamen dann aber doch recht gut in der nähe des Nordbahnhofes im Hotel Xizihimen Fandian unter.

Montag 06.05.2002
Mit der U-Bahn fuhren wir zum Platz des himmlischen Friedens (Touries begaffen) und anschließend mit dem Taxi zum Flugplatz (100 Yuan). Rückflug mit Austria-Airlines OS064 bis Wien und weiter mir OS155 nach Düsseldorf. Mit der Landung in Düsseldorf um kurz nach 19:00 endete der offizielle Teil dieser Reise pünktlich.


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